Sonntag, 11. April 2021

Covid-19 -- #ZeroCovid #LockdownJetzt

 Normalerweise schreibe ich keine offenen Briefe.

Nicht an Zeitungen,nicht ans Radio, nicht an Stars und schon gar nicht an Politiker:innen.

Aber da mir keine Entscheidungsträger auf Twitter folgen, muss ich als Berg eben die Propheten suchen gehen. Wer es mir gleich tun will - bitte. Bedient Euch. Wer anderer Meinung ist - seid beruhigt. Ich hege nicht die geringste Hoffnung mehr, dass irgendjemand auf mich hört. Ihr müsst mich weder dissen noch doxxen noch haten, ihr könnt mich ganz in Ruhe lassen und darauf vertrauen, dass Ihr wunschgemäß "Herdenimmunität" erreicht.

Ich bin ein vertrauensvoller Mensch. Kind der Ära Kohl, immer brav, immer angepasst, immer priviligiert genug um ein Grundvertrauen in die staatlichen Institutionen und ihre Repräsentant:innen zu behalten. 

Seit November 2020, als Frau Merkel einer Gruppe bräsiger Ministerpräsidenten vorgerechnet hat, wie eine Exponentialfunktion funktioniert, ist dieses Grundvertrauen erschüttert. Seither werde ich politisch zunehmend "radikalisiert".

Nach den Beschlüssen am 3. März dachte ich "jetzt haben sie aufgegeben". 

Am 24. März ließ sich nicht mehr leugnen, dass keiner der gewählten Staatsvertreter seine Arbeit macht - die Vorgaben laut IfSG waren ja klar, warum also wird bis spät in die Nacht diskutiert?

WAS GENAU IST DEN HIER DIE STRATEGIE? DURCHSEUCHUNG? DANN SAGT DAS DOCH! IHR FEIGEN, VERANTWORTUNGSSCHEUEN LOBBYSCHMAROTZER!

Der "Brückenlockdown" hat mir den Rest gegeben -- meine Kritik ist nicht, dass Kontakte eingeschränkt werden sollen, sondern dass sie nicht genug eingeschränkt werden können, solange Arbeitgeber nicht in die Pflicht genommen werden und Kinder in die Präsenzpflicht in den Schulen gezwungen werden. (Geteilte Gruppen: Anwesenheit nur für die, die von zu Hause nicht lernen können, Wechselunterricht, Testpflicht und Luftfilter natürlich auch.) Dazu kommt das Schönrechnen von Zahlen -- die Inzidenz für die ungeimpften, präsenzpflichtigen Gruppen ist weit höher als der Schnitt, zumal die Geimpften die Quote verzerren und die Zahlen mangels zuverlässiger Datenerhebung ohnehin bestenfalls Annäherungswerte geben.

Am schockierendsten finde ich die permanente Verschiebung der "möglichen" Inzidenzwerte nach oben bei gleichzeitigem Ignorieren der Situation in den Krankenhäusern. Die Betten sind voll. Das Personal ist erschöpft und es schwindet - verständlich aber nicht hilfreich für die Gesamtsituation. Und die politische "Elite" guckt nur auf den Wahltag. Ja, wisst Ihr was? Ihr werdet Euch noch wundern, denn ohne das erklärte Ziel IRGENDWAS zur **Bekämpfung der Pandemie** zu unternehmen werden Euch die Wähler:innen weiterhin reihenweise davon laufen. 

Und während die Verschwörungsfuzzis auf die Straße gehen mit immer neuen abstrusen Forderungen und das Virus und Ihre bescheuerten kontraproduktiven Forderungen verbreiten, bleibe ich, bleiben WIR, brav zu Hause und halten Abstand und echauffieren uns auf Twitter #LockdownJetzt #ZeroCovid.

Es reicht. Und es reicht eben nicht. Und deshalb habe ich meine Sorgen heute endlich aus meiner Twitterblase herausgetragen und per Mail an eine Reihe von Bremer Abgeordneten, Herrn Spahn, Herrn Altmaier, und ja, auch Frau Merkel geschrieben. Nicht weil ich glaube, dass es was nützt, aber weil es ein letzter verzweifelter Versuch ist, den Wirtschaftslobbyisten und den "Querdenkern" etwas entgegenzustellen. Man muss es wenigstens versuchen.

Und dann muss man sie alle abwählen. 

#BTW, #VoteVolt

So. Hier ist mein Brief:

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich schreibe Ihnen, weil ich mir große Sorgen um meine Familie, mein Kita-Kind, mich selbst und meine Freunde mache. Das Coronavirus und insbesondere die neuen Varianten B117 breiten sich immer weiter aus, und es wird höchste Zeit, dass Sie endlich alles dafür tun, durch schnelle, wissenschaftlich basierte und zielführende bundesweite Maßnahmen die Bevölkerung zu schützen.

Seit über einem Jahr schränken wir uns freiwillig ein, besuchen die Schwiegereltern oder Geschwister nicht und lassen das Kind nur mit wenigen ausgewählten Spielkameraden spielen. Wir informieren uns regelmäßig über die Entwicklung der Pandemie und die neueste Forschung. Seit letztem Herbst sind wir zunehmend von den politischen Entscheidungen enttäuscht: Es geht nur um die Verwaltung des Notstands. Politische Ziele zur Bekämpfung oder gar Eindämmung des Virus sind weder auf Bundes- noch auf Länderebene erkennbar noch werden sie benannt.

Seit Februar d. J. ist bekannt, dass durch die neuen Varianten eine zweite Pandemie entsteht. Insbesondere in den Schulen, aber auch am Arbeitsplatz dürfen, nein müssen sich dennoch täglich mehr Menschen treffen und aerosol-geschwängerte Atemluft austauschen. Luftfilter für die Schulen fehlen noch immer. Die ohnehin unzuverlässigen Schnelltests werden nur in unzureichender Menge, unter unzureichender Anleitung, und vor allem fast ausschließlich freiwillig eingesetzt. Dabei haben Shopping-Projekte offenbar Vorrang vor Schulen (wie in Münster). Dass die größtenteils asymptomatischen Verläufe von Kindern und Jugendlichen kein Grund zur Freude sind, sondern darin gerade die große Gefahr besteht, unwissentlich Menschen anzustecken – dass auch asymptomatische/schwache Verläufe zu langfristigen Folgeschäden (LongCovid) führen kann – dass die Intensivstationen übervoll sind und das medizinische Personal ausgebrannt – das interessiert Sie offenbar alles nicht. Übrigens: Ein Krankenhaus ist kein Logistikzentrum, das man just-in-time bewirtschaften kann!

Die Impfungen schreiten langsam voran – ich kann mich hier in Bremen nicht einmal auf eine Warteliste setzen lassen. Zwar dürfen endlich auch Hausärzte impfen – aber noch immer fehlt Impfstoff, um rund um die Uhr und am Wochenende zu impfen. Die erforderliche Bürokratie verlangsamt die Impferei zusätzlich.

Zugleich wird bei den Inzidenzzahlen vergessen, die bereits geimpften aus der Quote herauszurechnen – faktisch ist nämlich die Inzidenz für die Ungeimpften inzwischen viel höher! Wenn man die Zahlen nach Altersgruppen aufteilt, sieht man zudem, dass sie für die schutzlosesten Bevölkerungsgruppen inzwischen am höchsten sind – für diejenigen von uns, die in der Impfpriorisierung ganz am Ende stehen, oder für die noch gar keine Impfstoffe zugelassen sind. Schulkinder haben Präsenzpflicht, Arbeitnehmer haben Präsenzpflicht – oder keine guten Argumente, bei offenen Kitas und Schulen die Kinder zu Hause zu schützen. Wir werden gezwungen, in Klassenräumen und Büros ohne Maskenpflicht, ohne Lüftungsgeräte, ohne vernünftige Test-Regeln oder Nachverfolgungskonzepte uns dem Virus auszusetzen. Wie lange noch?

Weltweit hat sich gezeigt, dass ein konsequentes Vorgehen mit dem Ziel, die Inzidenz so niedrig wie möglich zu halten -- #flattenTheCurve, #ZeroCovid, #NoCovid – die Zahlen am schnellsten herunterbringt und sowohl kurz- als auch langfristig die besten Ergebnisse bringt. Auch für die Wirtschaft! Solo-Selbständigen und Einzelhandel ist mit Mietstundungen, Grundeinkommen und ähnlichen Hilfen schneller und besser zu helfen als mit der ewigen auf-zu-Taktik der letzten Monate. Testen Sie doch einmal #ZeroCovid in einer Modellregion!

Bitte tun Sie endlich Ihre Arbeit. Verzetteln Sie sich nicht weiter im Wahlkampf – aber wenn Sie schon mit Coronapolitik Wahlkampf machen wollen, dann ringen Sie sich endlich zu wirksamen bundesweiten Maßnahmen mit echter Schuztwirkung durch, die nicht auf dem Rücken der Schwächsten ausgetragen werden. Es wird nämlich dieses Jahr gewählt, und ganz ehrlich – keine der irgendwo regierenden Parteien liefert gerade ein überzeugendes Bild.

Bitte nehmen Sie endlich die wissenschaftlichen und epidemologischen Fakten zur Kenntnis und positionieren Sie sich in Ihren Gremien, Ausschüssen und öffentlichen Aussagen unmissverständlich für einen sofortigen harten Lockdown und eine ZeroCovid-Strategie. Ich möchte doch nur mein Kind gesund erhalten. Ich will, dass mein Kind, meine Familie und Freunde und ich das Ende dieser Pandemie erleben ohne lebenslange körperliche und neurologische Schäden. Handeln Sie endlich!

Mit freundlichen Grüßen,

Samstag, 29. August 2020

Fertige Fachinformatikerin

 Es ist vollbracht!

Und das schon seit etwa 8 Wochen... 

Die Prüfungen sind vorbei. Die Umschulung ist vorbei. Seit 8. Juli bin ich fertige Fachinformatikerin für Anwendungsentwicklung. Uff. Das waren anstrengende zwei Jahre. Dass einem kurz vor Schluss - Corona sei Dank - die Motivationsmöhre der Übernahme durch den Praktikumsbetrieb genommen wurde, hat die Prüfungsphase nicht schöner gemacht. Aber so ist es eben - wenn der Betrieb in Kurzarbeit ist, kann er eben keine neuen Mitarbeiter:innen einstellen. Ich verstehe es ja. 

Dennoch hat das WIE einen etwas bitteren Beigeschmack. 

Egal. Erstmal Adrenalin herunterfahren. Mit der Prüfung seinen Frieden machen - da lief nämlich auch nicht alles so richtig rund. Einiges lag sicher an mir -- die Systemintegrationsklausur beispielsweise - da habe ich einfach die falsche Aufgabe gestrichen und auf diese Weise die schlechteste Note jemals (verglichen mit meinen sämtlichen Übungsklausuren) eingefahren. Das war ärgerlich. 

Dass der Prüfungsausschuss mit der Projektdokumentation unglücklich war - nun ja. Ich habe mir genau erklären lassen, was ihr Problem war, und kann das Meiste nachvollziehen. Es ist halt immer schwierig, wenn man in einem Prüfungsformat geprüft wird, das man nicht eingeübt hat. Und "Projektdokumentation" war für mich eine neue Textform - müsste ich nochmal eine Doku schreiben, würde ich einiges anders machen. Erstaunlich nur, dass die sieben Leute, deren Dokus ich "betreut" habe (also gelesen und befeedbackt) alle eine bessere Note hatten als ich. Und sehr schade, dass unser ansonsten hervorragendes Ausbilderteam beim Zwischenfeedback für unsere Dokus wirklich überhaupt nicht hilfreich war. Das lief nicht gut. Dennoch werde ich den Verdacht nicht los, dass mir hier mein akademischer Hintergrund zum Verhängnis geworden ist - der Anspruch an eine promovierte Wissenschaftlerin ist möglicherweise höher, als an einen "normalen" Umschüler. 

Wofür ich allerdings überhaupt nichts kann, und was mir zudem zusätzlich auch das Mündliche heruntergezogen zu haben scheint, ist die Tatsache, dass unser Abschlussprojekt ein SCRUM-Projekt war, das wir zu viert bearbeitet haben. Das gefiel dem Prüfungsausschuss überhaupt nicht, obwohl wir jeder einen eigenen Service komplett selbständig bearbeitet haben. Und während der Rest meines Projektteams in jeweils anderen Prüfungausschüssen mit Einsen und guten Zweien geprüft wurde, habe ich eine knappe drei bekommen  - 80%, um 1% an der Zwei vorbei. Und zusätzlich mündlich die Versicherung, dass ich super präsentiert hätte, mich nicht verstecken müsse, man mir alles zutraue, aber ich eben wegen des Gruppenprojektes nicht bewiesen hätte, dass ich es alleine könnte. Und dass man natürlich später nie wieder alleine arbeitet, und immer im Team, und agil voll angemessen sei, aber eben nicht in der Prüfung... Echt jetzt? Das einzige, worauf ich keinen Einfluss hatte - die Aufgabenstellung - dafür zieht ihr mir Punkte ab? Zweimal? (Doku und Mündliches?) Nicht die Umsetzung, nicht die Lösung? 

Doch, das ärgert mich schon. 

Aber um Punkte zu feilschen nützt hier nicht. Faktisch hat sich mein Ausschuss halt strenger an die Regeln gehalten, als (fast) alle anderen Ausschüsse, von denen ich gehört habe. 

Und je mehr ich vom Prüfungsprozess der Handelskammer mitbekommen habe, desto mehr haben sich mir die Zehennägel hochgerollt. Von einem einheitlichen Maßstab über die Ausschüsse hinweg kann keine Rede sein. Willkür überall. Kein Versuch einer Schulung der Prüfenden. Ausschussübergreifend riesige Unterschiede. 

Egal. Es ist vorbei. Es ist bestanden.

Jetzt muss ich nur schnell etwas finden, damit ich nicht gleich alles wieder vergesse. Es zeigt sich schon jetzt, dass die Umschulung zur FIAE eine gute Entscheidung war - Dieses Internet wird sich wohl doch durchsetzen, das hat Corona gezeigt. Krise hin oder her, Programmierer werden gesucht. Es gibt Stellen, die ausgeschrieben werden. Und jetzt, wo die Sommerferien überall vorbei sind, kommen auch Einladungen zu Gesprächen. Fragt sich nur, was dabei herauskommt. 

Ich bin gespannt!

Sonntag, 31. Mai 2020

#kunstderwoche. Heute: Das Portrait der Mlle Duthé, von Henri-Pierre Danloux.

Letzte Woche habe ich für Frau @novemberregen etwas über Artemisia Gentileschi erzählt. 
Das hat großen Spaß gemacht. Davon abgesehen, dass ihre Bilder fantastisch sind, hat es mir sehr gut getan, mich wieder einmal rundherum kompetent zu fühlen.

Als ich mich vor zwei Jahren entschieden habe, eine Umschulung zur Fachinformatikerin für Anwendungsentwicklung zu machen, ging es mir vor allem darum, etwas Neues zu lernen. Und das habe ich ja auch. Ich habe mich aber auch in eine Situation gebracht, in der ich -zum ersten Mal seit sehr langer Zeit - wieder einmal wirklich völlig inkompetent war. Ich hatte keinerlei Vorkenntnisse im Programmieren. Ich bin nicht mit einem C64 oder Atari aufgewachsen. Ich spiele keine Computerspiele, modde mir keine cases und war noch nie auf dem CCC. 
Ich blogge auch immer noch in einem WYSIWYG-Editor. (Aber ich müsste das jetzt nicht mehr!)
Es ist wirklich für die meisten erwachsenen Menschen nicht nachvollziehbar, wie es sich anfühlt, wieder komplett zum Anfänger zu werden, der nicht einmal die Grundzüge eines Faches versteht, wie dumm man sich fühlt und wie hilflos. Vor allem, wenn man - wie ich - schon vor der Einschulung lesen konnte und immer mühelos und mit guten Noten durch die verschiedenen Lehranstalten gesegelt ist. 
Und ich habe aber  mich nicht nur selbst dumm und hilflos gefühlt - ich wurde auch (von einigen Menschen) so behandelt, als sei ich eine rundherum inkompetente Person, nur weil ich das ISO-OSI-Modell nicht kannte. (Zuletzt habe ich mich so in Japan gefühlt, wo ich nach einer Weile das Gefühl hatte, dass (manche) Menschen von meinem Sprachniveau (etwas dem einer Dreijährigen) auf meine intellektuelle Kapazität rückschließen wollten...)

Deshalb war es so wohltuend, wieder einmal etwas zu können - Bilder angucken habe ich nämlich gelernt. (Und in drei Wochen  habe ich Abschlussprüfung, und da kann ich auch zeigen, was ich in den letzten zwei Jahren gelernt habe, auch wenn mir das in der Corona-Zeit wahrscheinlich alles erstmal nichts nutzen wird.) 
Und ja, das kann man lernen. Viele Bilder angucken, beispielsweise, hilft enorm. Und genau hinsehen, in Worte fassen, was ich da sehe, hilft (mir) besonders. Mein Zugang zu Bildern kommt nämlich immer über das Wort. 

Genug der Vorrede. Im #kunstDerWoche google-doc hatte sich jemand ein Bild gewünscht:
"Das "Portrait de Mlle Duthé", von Henri-Pierre Danloux.
Von Rosalie Duthé gibt es zahlreiche Porträts unterschiedlicher Künstler, aber es handelt sich wahrscheinlich um dieses Bild:
 
Portrait of Mlle Duthé by Henri-Pierre Danloux, c.1792. © MAD, Paris / photo: Jean Tholance

Ich kannte weder Bild noch Künstler, aber in der Kunstgeschichtsausbildung gibt es etwas, das sich "Postkartentest" nennt: dabei muss man entweder wissen, was auf einer vom Prüfer wahllos vorgezeigten Postkarte dargestellt ist - oder es sich erschließen. Wie bei einem Dachbodenfund. 

Also, frisch ans Werk: die Namen deuten schon einmal auf Frankreich.
Kleidung, Haare, Interieur - französischer Rokoko, also 18. Jahrhundert, vor der Revolution. Der Rahmen scheint etwas später, aus dem Empire zu sein. Warum auch nicht. 
Wir sehen eine junge Frau in einem luftigen weißen Kleid. Die Ärmel sind bis zu den Ellbogen hochgeschoben. Sie kniet mit dem linken Bein auf einem petrolfarbenen Samtsofa, offenbar will sie gerade ein Bild aufhängen. Oder abnehmen. Sie dreht sich zum Betrachter/Maler um, als hätte dieser sie überrascht. Sie lächelt fein- es ist eine angenehme Überraschung. Hinter dem Sofa ist ein Vorhang aus dem gleichen petrolfarbenen Samt drapiert, tatsächlich ragt ein Nagel aus dem Stoff. Interessant. Mal was anderes als Bilderleisten auf weißer Rauhfaser. Links steht eine große Kommode, oder ein Sekretär(?) - ein elegantes, mit Intarsienstreifen verziertes Möbel, das ihr sicherlich bis zur Schulter reicht - und darauf ein kleiner Putto sowie eine mit Blumen gefüllte Vase.
Hier kann man das alles etwas besser erkennen.

Wir haben also ein Ganzkörperportrait, eingebettet in eine kleine Szene. Das Ganze wirkt informell, wie ein Schnappschuss, aber ist natürlich sorgfältig durchkomponiert, so dass wir eine Menge über die dargestellte Person erfahren. 
Was erfahren wir? 
1. Das Aussehen der Mmlle Duthé. 
Hübsch, aufwendig frisiert ("Frisur", das kommt von "Locken drehen", und keiner kann mir erzählen, dass sie ihre Haare alleine so toupiert hat. Oder das Mieder so fest gezogen hat. Sie wirkt rosig, frisch und gesund.
2. Der (Wohl-)Stand der Mmlle Duthé.
Es handelt sich um ein privates Boudoir - damit können wir die unteren Schichten schon einmal ausschließen. Die Möbel sind kostbar, ein Teppich bedeckt den Fußboden, Samt und Seiden definieren einen privaten Rückzugsraum. Hier werden keine Gäste empfangen, dies ist ein privates Gemach von einiger Eleganz und mit wertvollen Stoffen und Möbeln eingerichtet. Plus mindestens eine Zofe, siehe oben. Gehobenes Bürgertum oder niedriger Adel? Vor allem kann man erstmal auf ein gewisses Vermögen schließen. 

Aber auch, oha: hier sind auch Hinweise darauf, wie dieses Vermögen erworben wurde. Offenbar nicht ererbt oder erheiratet, vielmehr aus eigener Kraft, oder sollte ich sagen, mit eigenen Reizen erworben? (eine zu dieser Zeit keinesfalls anrüchige Methode, für eine junge hübsche Frau zu Geld zu kommen - lest mal etwas aus Casanovas Memoiren, oder "Gefährliche Liebschaften" -- Paris Hilton war nicht das erste It-Girl, das sich selbst zur Marke machte. Mein Verdacht jedenfalls, noch immer ohne den Wikipedia-Artikel gelesen zu haben, ist folgender: Fräulein Duthé erhält ein stattliches Auskommen und die Möglichkeit, sich in guter Gesellschaft zu bewegen, gegen gewisse Gegenleistungen. Denn:
3. Errrrotik überall.
Hier, ich zeige Euch das mal.
 
in gelb der Nagel

Nein, im Ernst! Als wäre das Setting nicht genug -- sie empfängt den Betrachter in einem Privatgemach, als sei das nicht ungewöhnlich. Befindet sich schon halb auf einem bequem aussehenden Sofa, kniend, sodass man ihren Knöchel (!!!) sehen kann (clutches pearls, scandalized)! Der geflügelte Putto steht natürlich für den Liebesgott Amor, und wenn wir uns das Bild genau betrachten...
... hier, ich mach das mal groß: Eine Schäferin! (sitzende Frau mit Schäferstab, oder?)
Schäferin = Schäferstündchen. Die Assoziation kommt genau aus dieser Zeit und aus diesem Mal-Genre, und ja, auch aus dieser städtisch-gehobenen-urban-weltläufigen Schicht von Malern und Salongesellschaftern, die noch nie einen Widder aus dem Dornbusch gezogen oder nachts im Regen einem Lamm auf die Welt geholfen haben, oder was auch immer es ist, was echte Schafhirten im echten Leben den ganzen Tag tun.
Ich wette, wenn man das genauer recherchiert, verraten auch die Blumen in der Vase irgendetwas erotisches, oder aber sie stehen als Vanitas-Symbol für die Vergänglichkeit der Schönheit. Wenn aber Deine Schönheit Dein größtes Kapital ist? Nunja. 
Zeit, einmal nachzulesen.
Und voilà! 
Das schöne Gefühl des Triumphes! 
Ich habe tatsächlich etwas sehen gelernt im Studium! Kompetenzen, Kompetenzen. 
(UND jetzt AUCH NOCH das Osi-Modell. Ha!)

Tatsächlich war Rosalie Duthé (1748–1830) eine gefeierte Kurtesane, die einflussreichen Männern reihenweise den Kopf verdreht hat. Und natürlich wurde sie von ihnen großzügig ausgehalten, das gehörte sich so. Sie gilt als das erste "dumme Blondchen", wahrscheinlich, weil sie vor dem Sprechen immer betont lange Pausen machte. Ganz so dumm kann sie nicht gewesen sein, an ihre "Karriere" ging sie jedenfalls sehr strategisch und zielgerichtet heran...doch auch dabei hat das Klischee sicher geholfen.
Unser Portrait ist von 1792, da war sie (schon) 44 Jahre alt. Der Maler, Henri-Pierre Danloux, war genau wie sie selbst vor den Auswirkungen der französischen Revolution nach England geflohen. Das Gemälde entstand im Auftrag von Rosalie Duthés Bankier und lebenslangem Freund, der sich zu dieser Zeit bemühte, ihr beschlagnahmtes Eigentum zurückzugewinnen oder zu Geld zu machen.
Rosalie Duthé kehrte erst 1816 nach Frankreich zurück, zusammen mit dem restlichen Profiteuren des Ancien Régime -- Napoleon saß sicher auf seiner Insel, die Bourbonen wieder auf dem Thron, ihre einflussreichen Jugendfreunde, so sie die Revolution überlebt hatten, kehrten zurück. (Der "Graf von Monte Christo" beschreibt die Stimmung und Situation dieser Zeit ganz hervorragend.) Ihr ex-Lover, der Graf d'Artois, hatte ein Aktportrait von ihr in seinem Badezimmer - er regierte1824 als Charles X. Und auch sein Nachfolger, König Louis Philippe I (ab 1830) erinnerte sich sicherlich gerne an die Frau, die von seinem Vater gebeten worden war, ihm "etwas über das Leben" beizubringen... 
Ach ja. Das war alles vor dem Biedermeier und der Empfindsamkeit und all den moralischen, (klein-)bürgerlichen Einschränkungen, die erst 1968 wieder in Frage gestellt wurden! 

Eine interessante Frau! Sie hinterließ nach ihrem Tod im Jahr 1830, mit 82 (!) Jahren, viele Freunde und kein geringes Vermögen.
Was für ein interessantes Leben! Man sollte das mal verfilmen.

Dankeschön für den Auftrag, liebes Internet - das hätte ich sonst alles nicht erfahren. Jetzt dürfen aber erstmal wieder andere ran...



Links:
https://georgianera.wordpress.com/2018/03/20/rosalie-duthe-courtesan-opera-dancer-and-the-first-dumb-blonde/
https://fr.wikipedia.org/wiki/Rosalie_Duth%C3%A9 
https://en.wikipedia.org/wiki/Rosalie_Duth%c3%a9
https://de.wikipedia.org/wiki/Henri-Pierre_Danloux
https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Danloux-duthe.jpg

Sonntag, 24. Mai 2020

#kunstderwoche. Heute: Artemisia Gentileschi

Twitter ist etwas wunderbares, wenn man den richtigen Leuten folgt.

@novemberregen (https://novemberregen.blogger.de/) hatte sich nämlich gewünscht, Bilder - und zwar im engeren Sinne Bilder, die im Museum hängen, also sogenannte "Kunst" - erklärt zu bekommen. Oder vorgestellt. Und so vielleicht im Vorbeigehen, ein bißchen niedrigschwellig, quasi per Osmose, etwas dazuzulernen.
Und weil sie Frau Direktorin @novemberregen ist, hat sie die Aktion auch organisiert, oder koordiniert, oder jemanden gefunden, der oder die das organisiert und koordiniert, und deshalb gibt es ein öffentliches google-Dokument, bei dem sich allerlei Freiwillige bereit erklärt haben, einmal pro Woche etwas über Kunst  zu sagen.
Hashtag: #kunstderwoche


https://docs.google.com/document/d/1LfLolqSlAfU7yknx2I72lO52We3D4AV_LK2tEZgZSsg/edit

Und heute bin ich dran.
Artemisia Gentileschi begegnete mir erstmalig im Kunstgeschichtsstudium. Ich weiß nicht mehr warum und in welchem Kontext, aber damals(TM) -Ende der 1990er Jahre- hatte ich einen Professor, der sehr gegen feministische Kunstgeschichte wetterte. Manchmal gab es Seminare, in denen ein Werk oder ein Künstler oder eine Epoche aus unterschiedlichen methodischen Perspektiven betrachtet wurde, und dann musste jemand ein "feministisches" Buch lesen, und wehe, man fand das einleuchtend, dann machte der Professor sich erst über dich und dann über die feministische Kunstgeschichtsforschung lustig.
Und aus Gründen, die ich gar nicht mehr genau zusammenkriege, ist Artemisia Gentileschi die Künstlerin, bei der ich erstmalig verstanden habe, was es mit dem "male gaze", dem männlichen Blick auf Kunst, auf Künstler und auch auf die Kunstgeschichte als Fach, auf sich hat.

Aber fangen wir vorne an.

Selbstporträt Gentileschis, 1638–39
Artemisia Gentileschi lebte von 1593 bis 1654 in Rom. Sie gilt als eine der bedeutendsten Künstlerpersönlichkeiten des Barock. Ihr Vater Orazio war Maler, und sie lernte sie schon früh bei ihm zeichnen und malen (und stand ihm Modell), und weil sie offenbar sehr talentiert war, erhielt sie auch von anderen Malern Unterricht. Als sie 12 war, starb ihre Mutter, und 1612, als sie 19 war, zeigte ihr Vater ihren Lehrer an, seine Tochter vergewaltigt und vor allem danach nicht geheiratet zu haben. Natürlich war es Artemisia, die beweisen musste, dass sie keine Prostituierte war... Trotz der öffentlichen Schande heiratete sie einen Florentiner Maler, zog mit ihm ins Ausland (Florenz) und wurde dort bereits 1616, mit nur 23 Jahren und nach weniger als 4 Jahren in Florenz als erste Frau überhaupt Mitglied der Kunstakademie Accademia dell’Arte del Disegno.




Sie war sehr erfolgreich, vor allem mit klassischen "Frauenthemen": Madonnen, Maria Magdalena, Kleopatra (hier beim Selbstmord per Giftschlange)
Kleopatra, um 1611–1612

Danae (beim Sex mit Zeus in Gestalt eines Goldregens. Weiß der Himmel, was die Magd im Hintergrund will -- vielleicht erkennt sie den Gott nicht, oder es ist eine frühe Kritik am Kapitalismus - Gold ist geil? naja, wahrscheinlich nicht)
Danaë, um 1611–1612

und andere Frauenporträts.
 Selbst Laien wird die Ähnlichkeit zwischen den beiden Bildern auffallen  (beide sind aus dem Jahr 1611-12) -- Artemisia war Malerin, und sie musste mit ihrer Malerei Geld verdienen . Es gab nicht einen vernünftigen Grund, ein erfolgreiches, beliebtes Motiv nicht mehrfach zu verwerten, und das galt auch für erfolgreiche Bildformeln (Ikonographie). Das ist auch nicht anders als in der Literatur.

Und bevor man hier jetzt aus der heutigen Zeit heraus behauptet, sie habe sich sozusagen protofeministisch besonders für Frauen und deren Belange interessiert, sei an den entstehungsgeschichtlichen Kontext erinnert. Wir befinden uns im Barock. Artemisia hat bereits einen schlechten Ruf im Umgang mit Männern abzuschütteln. Und sie ist eine der wenigen Frauen, die sich im höchsten Genre der Malerei behaupten will - und kann: der Historienmalerei.

(Die Malerei war bis weit ins 19. Jahrhundert einigermaßen hierarchisch organisiert nach Themen und dem vermeintlichen Schwierigkeitsgrad. Stilleben und Landschaften waren unbelebt und galten als vergleichsweise einfach (und angemessener für Frauen), Tiere und Menschen waren schwieriger, vor allem in Bewegung. Königsdisziplin war das auch thematisch "wertvolle" Historienbild, wobei nicht zwischen historischer, mythischer und religiöser Geschichte unterschieden wurde -- im Zweifel wurde ohnehin alles noch um eine weitere allegorische (= höhere) Bedeutungsebene erweitert.
Kernstück der Historienmalerei war aber die Darstellung von menschlichen Körpern in Bewegung und Interaktion miteinander -- und damit jeder sehen konnte, wie naturgetreu man die Anatomie darstellen konnte, waren die Figuren gerne mal ohne weitere Motivation unbekleidet...
Und dafür brauchte man Modelle.
Und als Frau, noch dazu als Frau mit "Vorgeschichte", kam Artemisia wahrscheihnlich nicht sehr gut an männliche Modelle heran. Weibliche Modelle hingegen - kein Problem. (Das galt auch umgekehrt, übrigens, wenn man sich beispielsweise einmal eine der hypermuskulösen Frauendarstellungen von Michelangelo betrachtet, so hat er wahrscheinlich an einem männlichen Modell die Anatomie "angepasst"...)

Wenn Artemisia also Historienbilder malen wollte, und der Zugang zu männlichen Modellen entweder unmöglich oder sehr eingeschränkt war, blieben eben nur Themen mit weiblichen Protagonisten -- und davon gibt es eben nur eine beschränkte Auswahl.
Und nun kommen wir endlich zum "male gaze", dem männlichen Blick. 
Betrachten wir einmal eines ihrer berühmtesten Bilder, Susanna und die Ältesten von 1610:
Susanna und die Ältesten, 1610,
170×121 cm,Öl auf Leinwand,
Pommersfelden, Schloss Weißenstein, Schönbornsche Kunstsammlung
Wir erinnern uns: Das Buch Daniel erzählt, wie Susanna im eigenen, durch Mauern geschützten Garten ein Bad nehmen wollte, dabei von zwei lüsternen alten Männern, einflussreichen Richtern gar, bedrängt wurde. Als sie um Hilfe rufen will, drohen diese: Wenn Du um Hilfe rufst, sagen wir, wir hätten Dich beim Ehebruch erwischt. Dein Ruf ist ruiniert! -- Susanna ruft dennoch um Hilfe, die Männer verleumden sie und verurteilen sie zum Tod. Glücklicherweise führte Daniel das erste überlieferte ordentliche Kreuzverhör der Geschichte durch, die "Zeugen" wurden der Falschaussage überführt, Susanna kam frei und die falschen Zeugen wurden getötet.

In der traditionellen, männlich geprägten Malerei wurde diese Geschichte häufig so dargestellt wie in diesen beiden Beispielen von Tintoretto aus den 1550er Jahren.
J. T.: Susanna im Bade (c. 1550–1560), Louvre
J. T.: Susanna und die Älteren (um 1552–1555), Museo del Prado
Susanna, mit verschwörerischem Blick zum Betrachter, scheint die Aufmerksamkeit zu genießen. Läßt sich ohne sichtliches Schaudern begrapschen, lehnt sich (genießerisch?) zurück. Insgesamt scheint der Maler die Auffassung der Alten zu teilen -- eigentlich will sie es doch auch!

Wie anders die Darstellung oben: Abscheu, Angst, Hilflosigkeit. Susannas verletzliche Nacktheit wird erbarmungslos ausgeleuchet, doch sie ist der Situation des Badens geschuldet und wird nicht erotisiert zur Schau gestellt. Die Alten über ihr sind im Schatten, sie bilden eine stabile Pyramide, die rote Mantelfarbe symbolisiert Macht, Kraft, power. Susanna hingegen wirkt instabil, selbst in der Hocke durch die Abwehrbewegung dynamisch, aber eben auch leicht umzustoßen, ohne eine stabile Basis. Das Handtuch ist unschuldig weiß, die Leere neben ihr hebt hervor, wie allein sie ist -- weit und brei keine Mägde, die als Entlastungszeuginnen dienen könnten...

Ich bin kein Fan von allzu biographischen Interpretationen von Kunst, aber es ist wohl kein Zufall, dass die Entstehungszeit um 1610 in die Zeit ihrer Vergewaltigung fällt. Es fällt schwer, in diesem Bild nicht einen #Aufschrei, ein  #metoo zu sehen, und eine große Identifikation der Malerin mit der Situation der Susanna. Wie diese ließ sie sich nicht durch Victim Blaming zum Schweigen bringen, trug die Konsequenzen und litt zeitlebens darunter. Wie für Susanna ging es in ihrem Fall gut aus, aber das konnte sie zum Zeitpunkt des Malens nicht wissen. War es dieses Bild, das ihren Vater über die Vergewaltigung informierte? Möglich. Ich war nicht dabei, wir werden es nicht erfahren.

Ihre berühmten Judith-und-Holofernes-Darstellungen als reine Rachegelüste zu interpretieren, wie ebenfalls häufig geschehen, halte ich allerdings für übertrieben - wobei, was weiß ich schon.

Judith enthauptet Holofernes, um 1612
 Für richtige Rache gehen Judith und ihre Magd meiner Meinung nach viel zu klinisch-methodisch vor. Leicht angeekelt erledigt eine Frau (Judith) hier mal wieder die Drecksarbeit, die halt gemacht werden muss (den feindlichen Heerführer Holofernes beseitigen, um den Krieg zu beenden), und das mit pragmatischer Effizienz (ihn verführen, betrunken machen, Kopf abschlagen).
Vielleicht ist das tatsächlich eine Drohung an den männlichen Betrachter - Sex ist eine Waffe, die beide Seiten einsetzen können, und die auch die Mächtigen zu Fall bringen kann? Vielleicht half es Artemisia ihr Trauma zu überwinden, indem sie sich mit der starken, selbstbewussten und sexuell selbstbestimmten Judith identifizierte? Stellte sie diese deshalb aktiv dar, im Akt des Köpfens, statt traditionell passiv, nach der Tat mit dem Kopf in der Hand, Schwert und Kleidung sorgsam gereinigt, wie hier bei Cranach?
Lucas Cranach der Ältere: Judith mit dem Haupt des Holofernes, um 1530, Kunsthistorisches Museum, Wien
Tatsächlich ist sie aber nicht die erste, die diesen neuen Schwerpunkt setzte, sondern folgt damit einer neuen "Mode", erfolgreich etabliert von Caravaggio. Das ist hier aber nicht das Thema. Wer mehr zu Caravaggio und Judith wissen will, lese lieber diesen lohnenden Blogartikel:
http://syndrome-de-stendhal.blogspot.com/2012/07/barock-splatter.html

Ich hingegen gebe für heute zurück ans Publikum. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit - bei Fragen nutzen Sie gerne die Kommentare (habe ich die Kommentarfunktion offen?) oder finden Sie mich auf Twitter unter @bleistifterin  #kunstderwoche


Links:
https://de.wikipedia.org/wiki/Artemisia_Gentileschi
https://de.wikipedia.org/wiki/Susanna_im_Bade
https://de.wikipedia.org/wiki/Judith_und_Holofernes_(Sujet)
Literatur:
Garrard, M: Artemisia Gentileschi: The Image of the Female Hero in Italian Baroque Art,
Princeton University Press, 1989

Mittwoch, 13. Mai 2020

Kurzes Atemholen, bevor ich wieder abtauche.

Ein Jahr später.
Manchmal fehlt mir das Bloggen ja. Aber nicht genug, mich mit neuem Konzept an einen Neustart zu wagen. Ideen hätte ich zwar, aber die Energie fehlt noch immer.

Abschlussprüfungen werden während einer weltweiten Pandemie ja nicht einfacher zu bestehen.
Oder vielleicht doch? Ich jammere auf hohem Niveau, denn die schriftliche Prüfung wurde nach hinten verlegt (mehr Zeit zum Lernen) und ich kann den Vorbereitungsunterricht nicht nur online mitmachen, sondern darf ins Praktikumsbüro gehen, um dort einsam und allein in einem Großraumbüro online zu sein, während der Meinige zu Hause versucht, Junior und Home-Office zu vereinbaren.
(SPOILER: das läßt sich nicht vereinbaren.)
Immerhin. die Umschulung neigt sich dem Ende zu. Nur noch vier oder sechs Wochen, dann bin ich Fachinformatikerin für Anwendungsentwicklung (hoffentlich).
Und dann ziehe ich auch ein Fazit.

Montag, 13. Mai 2019

Blogpause

Kinnings, es hilft nichts.
Ich komme zu nichts, schon gar nicht zum bloggen.
Ich melde mich, wenn es dringend ist, mich wieder zu äußern. Bis dahin:  Prioritäten setzen.
Und die liegen zur Zeit
a) auf der Umschulung
b) auf der Familie
und c) auf meiner geistigen und körperlichen Gesundheit.
a ist in einem Jahr hoffentlich fertig, dann kann ich neu evaluieren.

Dienstag, 2. April 2019

Der Zauber der Musik

Junior (fast 3) und ich waren gestern im Familienkonzert. Das Thema lautete "Piapianissimo – Musikalische Zaubersprüche", und das Konzert wollte in die Magie der Musik einführen. Die Kinder durften vor Beginn etwas basteln: ein Schaschlikstab und ein Korken machen einen prima Dirigentenstab, mit Perlen und einem Papierstern drauf wird das ganze zum Zauberstab. Junior war sehr davon angetan, und dann tauchen auch noch zwei Kita-Freunde auf.
Die Glocke ruft zum Einlass. Für die Kinder gibt es Sitzerhöhungen, damit sie besser sehen können. Lobenswert, zumal wir recht weit hinten sitzen. Leider haben die Kinder in der Reihe vor uns jede/r zwei Sitzerhöhungen genommen, sodass der Effekt sich für uns in Grenzen hält – ich selbst kann nur wenig erkennen. Doch obwohl Junior wahrscheinlich zwischen zu vielen Vordersitzern nur ab und zu etwas vom Geschehen auf der Bühne erhaschen kann, möchte er alleine auf seinem Stuhl sitzen, und nicht von meinem Schoß aus gucken.
Ein Zauberer findet ein Buch, das Geräusche macht. Nach und nach finden sich die Verursacher der Geräusche auf der Bühne ein: eine Cellistin, Flötistin, Violinistin. Sie musizieren, sie brabbeln eine Unsinnsprache, sie zeigen dem Zauberer die Wirkung der Zaubersprüche - piano! forte! pianissimo! fortissimo! icondo! dolando!
Junior ist beeindruckt. Ab und zu fragt er nach seinem Kita-Freund, der einige Reihen vor uns sitzt, oder kommentiert die Bühnenbeleuchtung ("lila") - aber insgesamt sitzt er still und schaut gebannt nach vorne. Gegen Ende piepst er neben mir: "Naseputzen! " Ein bißchen erschrocken wische ich dem Kind ein paar Tränchen ab - was hast du denn? "Zert! Traurig..."
Die letzten Minuten sitzt er dann doch auf meinem Schoß und lässt sich feste kuscheln. Dass ihm die Musik so nahe geht! Ich bin erschüttert, denn ich bin offenbar schon lange abgestumpft, habe Schutzfilter aus Ironie und Sorgen und Erwachsen-Sein gegen den Zauber der Musik. Mein Söhnchen aber hat es unerwartet voll erwischt.

Trotzdem oder gerade darum: er fand es toll. Das müssen wir bald wiederholen. Aber dann unbedingt weiter vorne sitzen.



GLOCKE Familienkonzert
»Piapianissimo – Musikalische Zaubersprüche«
Sonntag, 31.03.2019 | 11:00 Uhr | Kleiner Saal
Leliko Gokieli: Flöte
Johanna Bastian: Violine, Konzept
Emilia Lomakova: Violoncello
Aiko Czetö: Zauberer